Dieses Thema ist wohl eines der heikelsten in der modernen Hundehaltung und wird immer und überall heiss diskutiert. Liest man doch fast täglich in den sozialen Medien die Frage nach dem besten Futter, setzen sich die Kommentare teilweise einer Debatte zum Bürgerkrieg gleich.
Ich möchte mit diesem Artikel einige Fakten aufzeigen und versuchen, das ganze Chaos um die Inhaltsstoffe einfach und transparent verständlich zu machen.
Vorweg soll aber gesagt sein, dass sich Niemand von diesem Artikel persönlich angegriffen fühlen sollte! Das Thema Fütterung gleicht der Religionsfrage unter Hundehaltern und
lässt gerne und schnell die Emotionen hochkochen. Bestimmt möchte jeder von euch nur das Beste für seinen Liebling und das ist erstmal Hauptsache.
Es gibt bekannterweise verschiedene Methoden, seinen Hund artgerecht (oder eben auch nicht) zu ernähren.
Hier finden sich nebst dem allseits bekannten Trocken- und Nassfutter auch Begriffte wie B.A.R.F oder Prey Model Raw. Für die meisten von euch, sind diese Begriffe keine
Fremdwörter, für alle anderen werde ich diese kurz erklären.
Trocken- und Nassfutter
Dies ist wohl die am meisten verbreitete Methode, seinen Hund zu ernähren. Das industriell hergestellte Futter wird in entweder in Dosen als Nassfutter abgefüllt, in der Feuchtsubstanz oder es wird quasi getrocknet und in Kroketten gepresst. Die Zusammensetzungen varieren hier sehr stark. Für den Laien ist der Durchblick durch den Deklarationsdschungel schier unmöglich. Weiteres dazu findet ihr weiter unten.
B.A.R.F
Biologisch artgerechte Rohfütterung, so die Abkürzung, lehnt sich an das Model Wolf als Vorfahre unseres Haushundes. Ziel ist es hier, mit selber zusammengestellten Menues, möglichst natürlich und argerecht zu Füttern. Es landen also verschiedene Fleischstücke wie Brustknochen, Herz, Hühnerhälse etc. sowie Gemüse und Früchte auf dem Teller. Ähm entschuldigung, natürlich im Napf.
Prey Model Raw
Dies ist wohl die jüngste Fütterungsmethode in der modernen Gesellschaft. Hier verzichtet man komplett auf Zugabe von Vitaminen, Mineralstoffen, essentiellen Fettsäuren sowie Kohlehydrate. Leitsprucht heisst FLEISCH und das in rauen Mengen. Im Grunde verfüttern die Leute quasi Beuteteile eines Tieres oder z.B ein ganzes Kaninchen. Dieses Modell ist angelehnt an den ursprünglichen Wolf, der den Grossteil seiner Beute frisst.
Nun ist es aber so, das unser Haushund erstens ganz andere Umweltbedingungen hat wie der Wolf und zweitens auch über 8 Gene mehr verfügt, welche der Verstoffwechselung von
Kohlehydraten dienen.
Muss der Wolf sich sein Futter hart verdienen, rastet er mit vollgefressenem Magen meist einige Tage, bevor die neue Jagd beginnt.
So braucht der Wolf beispielsweise eine höhrere Menge an Proteinen, da sich diese zur langsameren Energiezufuhr eignen als der schnelle Energielieferant Kohlehydrate.
Auch lebt der Wolf anders als unsere Sofahunde in der Natur. Auch werden dort vom Wolf viele Beeren, Kräuter, Insekten usw. gefressen.
Unser Haushund springt meistens in den Frühen Morgenstunden aufgeregt um die Beine seines Herrchens, bis dieser dem braven Fiffi schön zurechtgelegt die Schüssel mit dem Fresschen
vor die Nase stellt.
Die regelmässige Nahrungszufuhr und tägliche Bewegung unserer Haushunde, bedingt andere Anforderungen an die Nährstoffzufuhr, wie die des Wolfes.
Sind es doch die Kohlehydrate, welche auch den Spitzensportlern vor einem Wettkampf schnell verfügbare Energie bringen.
Man muss also nicht Sherlock Holmes sein, um alleine hier schon festzustellen, dass die Bedürfnisses eines Wolfes kaum mehr mit denen unserer Haushunde vergleichbar sind!
Oder wollt ihr mir allen Ernstens verklickern, dass der süsse Chihuahua von nebenan sich sein Kaninchen auf dem Feld selber erlegen würde?
Fakt ist doch, dass wir unseren Haushund seit Jahrhunderten so gewandelt haben, dass er sich unserem Lebensstiel bestens angepasst hat.
Waren es beim Wolf Überlebenskämpfe, stellt sich für Fifi lediglich die Frage nach dem nächsten vollen Napf und ob dieser evtl. ein besonderes Leckerlie wie Hüttenkäse beinhaltet.
Unser Haushund braucht demnach als Carniomnivore (Fleisch- und Allesfresser), eine ausgewogene Ernährung mit Fleisch, Innereien, Kohlehydraten und den ganzen Vitaminen,
Spurenelementen etc.
Mit reiner Fleischfütterung wie bei Prey Model Raw, ist dies beispielsweise nicht gegeben.
Hier gilt wirklich der Gesundheit eurer Hunde zuliebe grosse Vorsicht. Es ist eine Frage der Zeit, bis erste Mangelerscheinungen auftreten werden.
Die Grundidee von B.A.R.F ist wiederum eigentlich sehr gut. Dennoch möchte ich mich davon distanzieren.
Ich hatte einmal versucht, für meinen 40Kg Hund eine Monatsration zusammen zu stellen. Zur Hilfe nahm ich mir ein tierärztliches Ernährungsbuch, in welchem die Inhaltsstoffe von
jeder Fleischsorte (Alle Bestandteile des jeweiligen Tieres in die kleinsten Teile zerlegt), Gemüse, Früchte und Getreide beschrieben waren.
Ich fing also an zu rechnen, ob ich es ihrgendwie hinbekomme, von keinem Nährstoff viel zu viel oder viel zu wenig in meinem Monatsmenue zu haben.
Zwei Wochen und ein rauchender Kopf später, hab ich das Buch und meine Tabelle weggelegt und mich aus dem Thema verabschiedet.
Egal wie ich es gedreht und gewendet hatte, ihrgendwas war immer extrem über- oder unterdosiert. So entschied ich mich, bei der Trockenfütterung zu bleiben und frische
Bestandteile weiterhin als Snack und Abwechslung für zwischendurch zu füttern.
Inhaltsstoffe und die Machenschaften der Tiernahrungsindustrie
Dies ist wohl in der heutigen Zeit eines der grössten Probleme. Wie soll man sich da eigentlich noch den Durchblick verschaffen, ohne sich Stundenlang mit dem Thema beschäftigen
zu müssen. Mit kleinen Tipps & Tricks, ist eine grundlegende Einschätzung eines Futters gar nicht so schwierig.
(Ich nenne in den Nachfolgenden Beispielen bewusst keine Markennamen)
Beispiel Zusammensetzung Trockenfutter Nr. 1
In diesem Beispiel möchte ich euch die Deklaration von Fleisch aufzeigen. Der Hersteller wirbt hier mit einem Gehalt von 80% Hühnerfleisch.
Hühnerfleisch 80% (davon Hühnerfleisch 70%, getrocknetes Hühnerfleisch 10%), Süßkartoffel 11%, Hühnersud, Mineralstoffe, Banane, Fenchel, Weiße Bete, Topinambur, Kartoffel, Kürbis, Brombeeren, Himbeeren, Heidelbeeren, Schwarze Johannisbeeren, Pastinake, Moringa, Spinat, Möhre, Petersilie, Quinoa, Leinsamen, Tomate, Thymian, Majoran, Oregano, Salbei
Wie ihr sehen könnt, sind hier tatsächlich 80% deklariert. Davon 70% Hühnerfleisch und 10% getrocknetes Hühnerfleisch.
So klingt doch erstmal ganz toll und ist den hohen Preis von 91.90 Fr. für 15Kg bestimmt wert.
Naja, wir sprechen hier von einem Trockenfutter! Es gibt also Hersteller, welche die Menge an frischem Fleisch VOR der Verarbeitung deklarieren oder eben wie seriöserweise
angezeigt, NACH der Verarbeitung.
Dieser Hersteller hat sich für die Deklaration vor Verarbeitung entschieden um den Gesamtwert massiv zu steigern. Huhn wie im Beispiel oben, besteht zu ca. 70% aus Wasser.
Rechnet der Hersteller dies nun nach der Verarbeitung, also in der Trockensubstanz, werden aus den 80% deklarierten Hühnerfleisches noch sage und schreibe 24%.
Plus die 10%, welche bereits in der Trockensubstanz angegeben sind, erhalten wir einen Gesamtanteil von 34%.
Um dies gleich klarzustellen: 34% Fleischanteil in der Trockensubstanz, ist ein sehr guter Wert und genügend für unsere Haushunde! Trotzdem wird der Verbraucher mit dieser scheinheiligen Deklarationsmasche hinters Licht geführt.
Hier als Gegenbeispiel für eine saubere und klare Deklaration:
Lammfleischmehl (38 %), Reis (38 %), Hühnerfett (konserviert mit Tocopherolen), getrocknete Äpfel, Lachsöl (2 %), natürliche Aromen, Bierhefe, hydrolysierte Krustentierschalen (eine Glucosaminquelle, 260 mg/kg), Knorpelextrakt (eine Chondroitinquelle, 160 mg/kg), Mannan-Oligosaccharide (150 mg/kg), Kräuter und Früchte (Rosmarin, Nelken, Zitrus, Gelbwurz, 150 mg/kg), Fructo-Oligosaccharide (100 mg/kg), Yucca schidigera (100 mg/kg), Inulin (90 mg/kg), Mariendistel (75 mg/kg).
Lammfleischmehl 38% bezeichnet die Menge an reinem, getrockneten Lammfleisch. Hier wird also nach der Verarbeitung deklariert, so wie sich dies auch gehört!
Beispiel Zusammensetzung Trockenfutter Nr. 2
Aufgepasst bei der Art und Weise, wie der Fleischanteil deklariert wird in Worten.
Getrocknetes Geflügelprotein; Reis; Gerste; getrocknete Kartoffel 10,0 %; Rübenfaser; Geflügelfett; getrocknetes Lammprotein 4,5 %; hydrolisiertes Geflügelprotein; Mineralstoffe; Chicorée-Wurzel (gemahlen, natürliche Quelle von Inulin); getrocknetes Fleisch der Neuseeländischen Grünlippmuschel (Perna canaliculus).
Hier enthält das Futter Getrocknetes Geflügelprotein. Hier wird im Grunde das komplette Huhn zerkleinert und aufgekocht.
Danach wird dieser tollen Hühnersuppe das Protein entzogen, getrockent und dann dem Hundefutterbrei beigesetzt. Also enthält dieses Futter im Grund gar kein Fleisch sondern
lediglich tierisches Eiweiss. Gut zu erkennen ist eine mindere Fleischqualität an dem Zusatzstoff L-Carnitin, welcher in dieser Sorte selbstverständlich auch zu
finden ist.
Hühnerfleischmehl = getrocknetes Muskelfleisch vom Huhn, welches für die Weiterverarbeitung gemahlen wird
Hühnermehl = komplettes Huhn getrocknet und gemahlen für die Weiterverarbeitung
Frisches Hühnerfleisch = frisches Muskelfleisch vom Huhn, gewogen vor der Verarbeitung bzw. Trockung für die Weiterverarbeitung
Frisches Huhn = frisches, komplettes Huhn, gewogen vor der Verarbeitung bzw. Trocknung für die Weiterverarbeitung
Ihr seht also, es kommt sehr darauf an, in welchen Worten etwas deklariert ist!
Stolzer Preis 80.90 Fr. für 15Kg dafür, dass es nichtmal Fleisch enthält.
Beispiel Inhaltsstoffe
Hier möchte ich euch gerne einige Inhaltsstoffe erläutern und wofür diese gut oder eben nicht gut sind.
Johannisbrotmehl: macht eigentlich nichts anderes, als den Kot eures Hundes wohl zu formen bzw. Durchfall zu vermeiden.
Wenn der Kot des Hundes gut ist, wird das Futter ja bekanntlich gut vertragen nicht wahr?
Rübentrockenschnitzel: im Grunde ein billiger Rohstoff, welcher dem Hund ansich nichts nützt aber den Hersteller den 15kg Sack billig auffüllen lässt. Nützt
nichts, schadet nichts. Wer aber dann 90.- für den Sack bezahlen mag, dem sei dies natürlich freigestellt…
Pflanzliche Proteine: möglichkeit für den Hersteller den Gesamtproteinwert im Futter durch minderwertige, billige Proteine künstlich zu erhöhen. Liest man einen
Gesamtproteinwert von 30% muss da natürlich auch viel Feisch drin sein oder etwa doch nicht?
Stuzig machen sollten einen ebenfalls Futtersorten, welche mit 70% Fleisch beworben werden aber einen Gesamtproteingehalt von ca. 25% aufweisen. Die Futtersorte von Beispiel 1, bei welcher wir den Gesamtfleischgehalt von 80% auf 34% korrigiert hatten, ist der Gesamtproteinwert bei über 30%. Dies ist bei 34% Fleischanteil auch naheliegend! Also kann ein Futter mit angeblich 70% Fleischanteil keinesfalls nur 25% Gesamtproteinwert enthalten!
Dieses Thema könnte natürlich unbegrenzt fortgesetzt werden und ist wirklich eine never ending story!
Ich hoffe ich konnte einigen etwas Lichts ins Dunkle bringen und eine Fakten verständlich aufzeigen.
Selbstverständlich dürft ihr euch bei Fragen oder Anregungen jederzeit gerne bei mir melden.
Nun wünsche ich euch viel Spass beim Entschlüsseln von eurem bewährten Trockenfutter und ein schönes Wochenende.
Liebe Grüsse
Sinja Ehrler